Unsere Fraktion will Näheres zu den Coronamaßnahmen des Landrats wissen und stellt folgende Anfrage:

 

Sehr geehrter Herr Landrat Müller,

 

zu den Beratungen des Kreistages am 25. Juni 2021 stellt die AfD-Fraktion folgende Anfrage:

Anfrage der AfD-Fraktion zur Verhältnismäßigkeit  der zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 angeordneten Maßnahmen

 

im Kreisgebiet sind durch den Landrat verschiedene Maßnahmen zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 angeordnet worden.

 

Diese Maßnahmen haben weitreichende Auswirkungen auf viele Lebensbereiche der Bürger. Zu den unmittelbaren Freiheitseinschränkungen kommen tiefgreifende Einschränkungen des  wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Lebens.

 

Um die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen, insbesondere deren Erforderlichkeit und Angemessenheit überprüfen zu können, bedarf es vor allem Informationen zur  Testmethodik, dem Verlauf und den Merkmalen des Infektions-, Erkrankungs- und Sterbegeschehens, der Situation in den Krankenhäusern und der Geeignetheit der vom Landrat angeordneten Maßnahmen. Hierzu bitten wir um Beantwortung der nachfolgenden Fragen:

 

 

 

 

  1. Nachweis von Infektionen

 

1.1

Welche Methoden werden derzeit im Kreisgebiet zum Nachweis der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bzw. des zugrunde liegenden Krankheitserregers, des Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2), verwendet, soweit der Nachweis für die Meldung an das Robert-Koch-Institut gemäß § 11 Abs.1 IfSG zugrunde gelegt wird?

 

1.2

Welche konkreten Tests (Hersteller- und Produktangabe) werden derzeit als Nachweis für die Meldung an das Robert-Koch-Institut gemäß § 11 Abs.1 IfSG verwendet?

 

1.3

Sind alle derzeit verwendeten Tests für Diagnosezwecke vorgesehen oder werden auch Tests verwendet, die als „RUO“ (research use only) deklariert sind?

 

1.4

Soweit Reverse-Transkriptase-quantitative Polymerase Chain Reaction (RT-qPCR)-Tests  als Nachweismethode verwendet werden: Wie viele unabhängige Ziel-Gene (Targets) werden im Rahmen verwendeter RT-qPCR-Tests jeweils analysiert?

 

1.5

Soweit RT-qPCR-Tests als Nachweismethode verwendet werden: Bis zu welchem Ct-Wert (treshold cycle) bzw. ab welcher RNA-Kopienzahl pro Reaktion und ggf. pro Probenvolumen  wird ein Testergebnis als positiv im Sinne einer Infektion bewertet?

 

1.6

Erfolgt die Bewertung, ob eine Person mit SARS-CoV-2 infiziert ist, allein aufgrund eines positiven Testergebnisses oder wird auch das klinische Erscheinungsbild in die Bewertungsfindung einbezogen?

 

1.7

Falls auch das klinische Erscheinungsbild in die Bewertung, ob eine Person mit SARS-CoV-2 infiziert ist, einfließt: Wer nimmt diese Bewertung aufgrund welcher Kriterien vor?

 

 

  1. Anzahl der Testungen

 

Die Antworten zu den folgenden Fragen bitte nach Kalenderwoche aufschlüsseln:

 

2.1

Bei wie vielen Personen wurden seit Beginn der Pandemie Tests durchgeführt, die  als Nachweis für die Meldung an das Robert-Koch-Institut gemäß § 11 Abs.1 IfSG zugrunde liegen?

 

2.2

Bei wie vielen Personen ist ein solches Testergebnis als positiv bewertet worden?

 

 

 

 

  1. vollstationäre Behandlung wegen COVID-19

 

Die Antworten zu den folgenden Fragen bitte nach Kalenderwoche aufschlüsseln:

 

3.1

Wie viele Personen wurden in Krankenhäusern des Kreisgebietes seit Beginn der Pandemie wegen der Hauptdiagnose einer COVID-19-Erkrankung vollstationär behandelt?

Waren darunter Personen mit Wohnsitz außerhalb des Kreisgebietes? Falls ja: Wie viele?

 

3.2

Wie alt waren die behandelten Personen?

 

 

  1. intensivmedizinische Behandlung wegen COVID-19

 

Die Antworten zu den folgenden Fragen bitte nach Kalenderwoche aufschlüsseln:

 

4.1

Wie viele Personen wurden in Krankenhäusern des Kreisgebietes seit Beginn der Pandemie, hilfsweise seit der 16. Kalenderwoche 2020 wegen der Hauptdiagnose einer COVID-19-Erkrankung intensivmedizinisch behandelt?

Waren darunter Personen mit Wohnsitz außerhalb des Kreisgebietes? Falls ja: Wie viele?

 

4.2

Wie alt waren die behandelten Personen?

 

4.3

Bei wie vielen Fällen lagen Komorbiditäten vor?

 

4.4

Wie viele Personen wurden beatmet?

 

4.5

Wie viele Personen sind während der intensivmedizinischen Behandlung verstorben?

 

 

  1. Todesfälle wegen COVID-19

 

Die Antworten zu den folgenden Fragen bitte nach Kalenderwoche aufschlüsseln:

 

5.1

Wie viele Einwohner des Kreisgebietes sind seit Beginn der Pandemie wegen einer COVID-19-Erkrankung als primärer Todesursache verstorben?

 

5.2

War die primäre Todesursache in allen Fällen zweifelsfrei feststellbar? Falls nein: In wie vielen Fällen wurde die Feststellung der Todesursache durch Obduktion gesichert?

 

5.3

Wie alt waren die verstorbenen Personen?

 

5.4

Bei wie vielen Fällen lagen Komorbiditäten vor?

 

 

  1. Behandlungskapazitäten

 

Die Antworten zu den folgenden Fragen bitte nach Kalenderwoche aufschlüsseln.

Falls hierzu nur Daten für das Kreisklinikum Siegen vorliegen, bitte die Fragen hilfsweise aufgrund dieser Daten beantworten.

 

6.1

Wie viele Intensivbetten

  • mit nicht-invasiver Beatmungsmöglichkeit (ICU low care),
  • mit invasiver Beatmungsmöglichkeit (ICU high care) und
  • mit zusätzlicher extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO)

waren in den Krankenhäusern des Kreisgebietes seit der 16. Kalenderwoche 2020 jeweils belegbar?

 

6.2

Haben die im Kreisgebiet zugelassenen Krankenhäuser in der Zeit vom 16.03.2020 bis 30.09.2020 zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit geschaffen, für die Zahlungen nach § 21 Abs.5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes erfolgt sind?

Falls ja: Wie viele solcher Betten wurden zusätzlich geschaffen? Sind diese Betten immer noch belegbar?

 

6.3.

Wurde seit Beginn der Pandemie in den im Kreisgebiet zugelassenen Krankenhäusern zur Versorgung von an COVID-19 erkrankten Patienten zusätzliches Personal im ärztlichen Dienst bzw. im Pflegedienst eingestellt?

Falls ja: In welchem Umfang?

 

6.4

Ist es seit Beginn der Pandemie im Kreisgebiet zu einer Überlastung der Normal- oder Intensivstationen gekommen in dem Sinne, dass behandlungsbedürftige Personen nicht mehr medizinisch adäquat versorgt werden konnten? Falls ja, in welchen Zeiträumen?

 

6.5

Hat die Kreisverwaltung seit Beginn der Pandemie bei den zuständigen Stellen den Ausbau der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten angeregt bzw. – soweit die Kreisverwaltung selbst entscheidungsbefugt sein sollte – den Ausbau der Behandlungskapazitäten veranlasst? Falls nein, warum nicht?

 

 

  1. angeordnete nicht-pharmazeutischen Maßnahmen

 

7.1

Welche nicht-pharmazeutischen Maßnahmen wurden für das Kreisgebiet seit Beginn der Pandemie angeordnet?

In welchem Zeitraum galten bzw. gelten diese Maßnahmen?

 

7.2

Hat die Kreisverwaltung bei Erlass der durch die dortige Allgemeinverfügung vom 09.04.2021 angeordneten Ausgangssperre die Studie von Eran Bendavid et al.: Assessing mandatory stay-at-home and business closure effects on the spread of COVID-19 berücksichtigt, wonach signifikante Vorteile von Geschäftsschließungen und Ausgangssperren auf das Infektionsgeschehen nicht feststellbar sind?

Falls nein: Warum nicht?

 

7.3

Als wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit der im Kreisgebiet angeordneten Ausgangssperre nennt die Kreisverwaltung in ihrer Antwort vom 21.04.2021 auf eine Anfrage der FDP-Fraktion (Drucksache 153/2021, 1. Ergänzung) folgende Quellen:

  • Mrinank Sharma et.al.: Understanding the effectiveness of government interventions in Europe’s second wave of COVID-19
  • Universität Wien, Christoph Seidler, Artikel in Spiegel Wissenschaft („Und sie wirken doch“)
  • Kai Nagel et al.: MODUS-COVID, Bericht vom 09.04.2021

 

Um wissenschaftlich fundiert den Effekt einer Ausgangssperre auf das Infektionsgeschehen nachweisen zu können, sind Studien notwendig, in denen Regionen mit und ohne Ausgangssperren und das dabei jeweils auftretende Infektionsgeschehen verglichen werden (kontrollierte Studien).

Verwenden die von der Kreisverwaltung angeführten Studien diese Methodik?

 

 

  1. risikogruppenspezifische Maßnahmen

 

Hat die Kreisverwaltung Maßnahmen erwogen, welche konkret auf die von der Pandemie gesundheitlich vermutlich besonders betroffenen Gruppen (beispielsweise Menschen mit Kommunikationsbarriere, Alte und Personen mit Vorerkrankungen) abzielen, ohne die übrige Bevölkerung wesentlich zu beeinträchtigen (beispielsweise gesonderte Einkaufszeiten, gesonderte Beförderungsangebote, mehrsprachige Informationen)?

Falls nein: Warum nicht?

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Christian Zaum (Fraktionsvorsitzender)                         Roland Steffe (Fraktionsgeschäftsführer)