In der Kreistagssitzung gestern, am 19.03.2021, fanden auch die Beratungen zum Kreishaushalt statt, jeweils dann mit den Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden.
(Wg. Corona hatten sich die Fraktionsvorsitzenden auf eine max. 5 min. Redezeit geeinigt).
Unser Fraktionsvorsitzender Christian Zaum forderte insbesondere eine Deckelung der Personalkosten und eine Reduzierung der Sozialausgaben, die alleine den Haushalt mit ca. 69 % übermäßig stark belasten.
Nachstehend hier die vollständige Haushaltsrede von Christian Zaum:
Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Pressevertreter!
Europa gedenkt dieses Jahr des italienischen Nationalpoeten Dante Alighieri, der vor 700 Jahren starb.
Beim Studium des Haushaltes fühlte ich mich jedenfalls – als Neuling im Kreistag – ein wenig wie bei der Lektüre der 14.233 Verse von Dantes Meisterwerk, der „Göttlichen Komödie“.
Mit dem hilfreichen Vorbericht und dem interaktiven Haushalt auf der Website des Kreises, habe aber auch ich es geschafft. Vielen Dank dafür an die Verwaltung.
Dantes Meisterwerk beginnt bekanntlich in der Hölle, dem Inferno…
Ich kommme zu den Personalkosten:
13 neue Stellen im Jahr 2021, damit wachsen die Personalausgaben um ca. 4 Mio (6%). Somit sind wir nunmehr bei insgesamt 73 Mio €.
Die AfD ist grundsätzlich für die Stellenaufstockungen, gerade im Bereich von Polizei und Feuerwehr bzw. Rettungswache.
Der Westfalenpost war aber am 13.3. zu entnehmen, dass seit 2015 insgesamt fast 100 neue Stellen geschaffen worden seien und der Personal-Etat seitdem um 36% gestiegen ist. Hut ab!
Wir würden uns eine Deckelung der Stellen im Kreis wünschen. Es kann nämlich nicht immer so weitergehen. Diese Einsicht teilen – seit gestern – erfreulicherweise scheinbar auch die beiden großen Fraktionen dieses Hauses.
Wir betreten die nächste Sphäre des Infernos…
Sozialausgaben
Der Haushaltsentwurf plant 69% der Aufwendungen für Soziales und 12,4 % für Investitionen. Stellen Sie sich einmal für einen Augenblick vor, wie unser Kreis aussähe, wenn sich die Zahlen umgekehrt verhielten.
328 Mio € für
• Wiederaufforstung mit Mischwäldern
• Tourismusförderung
• intakte Straßen
• Breitbandausbau
• Digitalausstattung in Behörden, Schulen
• ÖPNV
• Sportstätten, Vereine usw.
Wie schicke Urlaubsregion im Allgäu. So ist es aber nicht – so wird es auch nicht.
In 41 Jahren haben sich die Aufwendungen für Sozialleistungen versechsfacht. Hielten sich bis vor zehn Jahren die Schlüsselzuweisungen für Sozialleistungen mit den Kreis-Aufwendungen noch die Waage, haben wir heute eine Diskrepanz von ca. 50 Mio.
Seit dem Lupe-Gutachten wissen wir zudem spätestens um eine gewisse Intransparenz im Bereich des Kreisjugendamtes und die damit verbundene Kostenexplosion um 84% in vier Jahren
(2015-18) von 37 auf 68 Mio €.
Trotzdem wurden 2020 die so genannten SoDEG-Leistungen für die durch Corona untätig gebliebenen schulischen Integrationskräfte großzügig von 75 auf satte 100% aufgestockt. Sparsame Mittelbewirtschaftung fühlt sich wohl anders an.
Wozu führt das? Dazu, dass die kreisangehörigen Kommunen mittlerweile 60% (oder ab heute vielleicht 58,3%) ihrer Steuereinkünfte an den Kreis abführen sollen. Kommen Sie mal nach Bad Laasphe, da können sie sehen, was das bedeutet. Da ist der 1,7%ige Nachlass, der aus der Isolierung der Corona-Kosten resultiert, nicht mehr und nicht weniger als ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Cui bono? / Wer profitiert?
Die Betroffenen? Vielleicht! Hoffentlich! Aber längst geht es um mehr als Hilfe zur Selbsthilfe, die wir begrüßen. Wer in Not gerät, dem muss selbstverständlich geholfen werden. Wir wollen auch keinen sozialen Kahlschlag!
Allein die fünf großen Sozialdienstleister (DRK, AWO, Caritas, Diakonie, PW) beschäftigen mittlerweile mehr Menschen in Deutschland als die Auto-Industrie. Deren Umsatz lag schon vor der Flüchtlingskrise bei 55 Milliarden Euro – es ist sicherlich nicht weniger geworden. (vgl. Christoph Schäfer, Wohlfahrtsindustrie: Heimlich boomt die Hilfe, in: FAZ vom 25.06.2013)
Ein Blick in die SPD-Fraktion zeigt, dass v.a. die AWO im Kreistag gut vernetzt ist.
Ich komme zum Ende
Die letzten zehn Jahre haben durch die rasante konjunkturelle Entwicklung vieles ermöglicht. Diese Phase der Prosperität endet aber nun. Die Steuer-Einnahmen der Kommunen werden schmerzhaft sinken.
Das Geld, das der Bürger als Arbeiter, Angestellter oder Selbständiger hart erarbeitet, muss auch für den Bürger ausgegeben werden, und nicht für die smarten Wohlfahrtsverbände und ihr Klientel.
Dantes Inferno markiert aber auch nicht das Ende der Reise, die Reise endet gut, weshalb man das Gesamtwerk gemeinhin „Göttliche Komödie“ nennt. Vor dem Eintritt ins Paradies sieht der Erzähler sich „rein und bereit zum Flug durch die Sterne“. Umdenken tut dazu aber Not:
Wir fordern Investitionen, die
• fördern die Wirtschaftstätigkeit
• schaffen Arbeit
• und damit Wohlstand für alle
• Das ist wirklich sozial
• und generiert am Ende dem Kreiskämmerer auch neue Steuereinnahmen.
Vielen Dank!